Menno ter Braak
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Konrad Merz

Eibergen, 25 juli 1936

Eibergen, 25 Juli '36

Lieber Merz

Dass die Musik von De Roos nicht zu Ihrem Text passt, ist eine sehr bedauerliche Sache. Wie kommt es denn? Ich meinte, Hirsch sei entzückt über die Musik? Hat er sich geirrt, oder haben sie sich geirrt? Was ist los?

Der Standpunkt Queridos ist wenig grosszügig; aber was soll man machen mit einem solchen ‘Idealisten’? Der hat wohl schon graue Haare vor der Oesterreichsache, es muss tatsächlich ziemlich unangenehm für ihn sein, dass Papen mit Schnusnigg paktiert. Ich halte schreiben an Oprecht ehrlich gesagt für aussichtslos. Immerhin könnte man es versuchen; der Verlag wird aber im jetztigen Augenblick wohl ebensowenig grosszügig sein. Wenn sich nichts ändert, sehe ich eine schlechte Konjunktur für die Emigrationsliteratur. Das deutsche Ausland ist nicht allzu gross... Es ist richtig sehr schade, dass die Sache mit der Operette nicht geklappt hat. Das wäre eine ausgezeichnete Lösung gewesen.

Was jetzt anzufangen? Ich will mal darüber nachdenken, ob nicht irgend einen Mäzen auffinden kann. Unter meine Bekannten sind diese Herren leider sehr selten. Aber beunruhigen Sie sich vorläufig nicht zu sehr. Wir werden, wenn nicht alles schiefgeht, noch etwas finden, denke ich. Für die ersten Tage haben Sie auf jeden Fall die 35 gulden, die ich Inhen heute geschickt habe.

Wie steht es um Ihren Pass? Ich habe davon nichts mehr gehört.

Jetzt das wichtigste: Ihr Buch. Ich will Ihnen ganz ehrlich sagen, dass der Anfang mir in den vorlegenden Form nicht durchaus gelungen erscheint. Tatsächlich kann man aus den ersten Seiten noch keine Schlüsse ziehen; aber in einem Punkt tun Sie gerade das, was ich gefürchtet habe: Sie wiederholen sich. Nur teilweise; nichts destoweniger ist es Wiederholung. Und Ihr erstes Buch darf nicht wiederholt werden, sonst würde es seine fraîcheur verlieren. Diese Notiz meinerseits betrifft hauptsächlich einige vereinzelten Stellen, die bei Ihrem vorigen Buch anknüpfen, das könnte man nach meiner Meinung überhaupt vermeiden; und dann die Sache mit dem koekenbakker, die als Motiv nichts neues gibt; ich würde Ihnen raten, das viel kürzer zu fassen, so dass der Diebstall deutlicher spricht. Ich glaube, dass Sie sich besonders hüten müssen für das Anekdotisch-holländische, das Sie in Ihrem ersten Buch ausgezeichnet behandelt, aber in dieser Form auch erschöpft haben. Ab Seite 22 (‘Schiffe schliefen hier...’) wirkt die Sache auf mich als Wiederholung.

Sehr gut finde ich dagegen die Geschichte mit dem Mädchen. Dieses thema ist neu und weil Ihr Stil ruhiger geworden ist wirkt es auch Formal als neu. Von Seite 6 bis 22 gefällt der Text mir ausgezeichnet. Führen Sie dieses Thema, oder analogen Themen, weiter, dann wird Ihr zweites Buch über das erste hinaus ragen. Wenn ich Sie wäre, würde ich jedes Kontakt mit ‘Ein mensch fällt...’ abschütteln; ich meine selbstverständlich: formal. Auch den Namen Winter ändern. So etwas wirkt manchmal als eine Beperkung. Denn Wiederholung ist immer Niedergang. Die Geschichte mit das Mädchen (und überhaupt: das Verhältnis der Deutschen zu Europa) ist reich genug; Sie brauchen bestimmt nicht ‘an dem alten Vorrat zu hacken’: Ilsepruch, Cornelia streichen! Weniger Anekdote, mehr Analyse und problem: das scheint mir die Lösung. Oder ein ganz neues Leben in Alphen? (keine Wiederholung von Ilpendam?)

Meine Frau, die das Manuskript gelesen hat, hat dieselbe Empfindungen. Sie ist auch entzückt über die Sache mit Madeleine.

mit herzlichem Gruss

Ihr M.t.B.

Weniger Anekdote, mehr Analyse und Problem: das scheint mir die Lösung. Oder ein ganz neues Leben in Alphen (keine Wiederholung von Ilpendam?)

Origineel: Nationalarchiv Marbach

Fotokopie: Den Haag, Letterkundig Museum

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