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MEENINGEN OVER DE SPREKENDE FILM
Allerwege brengt thans de sprekende film de wereld in beroering. Reeds vermeldden wij de meening van L. Moholy-Nogy, neergelegd in 110, No. 15. Van Walter Ruttmann ontvangen wij thans een principiëel Pro, van eenige Russische regisseurs - dit artikel door bemiddeling van het Genootachap ‘Nederland-Nieuw-Rusland’, dat het stuk ook voor ons vertaalde - een verdediging van de geluid-film als montage-methode.
Red.

Walter Ruttmann:
Prinzipielles zum Tonfilm

Tonfilm ist Tagesgespräch. Tonfilm erhitzt die Gemüter, regt zu Diskussionen an und hat sehr vorzeitig ablehnende und begeisternde Stimmen über sich ergehen lassen müssen. Tatsache ist dass rein praktisch gesehen sich wenig sagen lässt, rein künstlerisch grosse Möglichkeiten vorhanden sind.

Schreier hat es in allen Lagern und allen Zeiten gegeben. Als vor rund 10 Jahren nach einer 20jährigen Embryozeit der Kinematographie ernsthafte Männer sich damit beschäftigten, ernsthafte Filme zu produzieren, wollte das kein Mensch wahrhaben und glauben. Kaltblütig wurden Leitsätze aufgestellt, die es ablehnten, rein mechanischen Vorgang als Kunst zu bezeichnen. Das Heute hat bewiesen, dass eine Industrie trotz ‘des rein mechanischen Vorganges’ Kunstleistungen hervorbringen kann. Selbst in unseren Tagen gibt es Menschen, die allen Ernstes behaupten, Film könne keine Kunst sein. Dem zu erwidern, erübrigt sich. Beweise hat der internationale Film erbracht - der Anfang ist auf jeden Fall getan, die feststehende Linie fehlt noch. Die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hat allerdings auf den Gebieten der Literatur, der Malerei, der Musikauch keine Linie gezeigt. Mit derselben Berechtigung könnte man billigerweise in diesem Falle seine vagen Behauptungen aufstellen. Der Weg vom Kintopp zur Bildkunst ist in kürzester Zeit zurückgelegt. Der Tonfilm steht vor seiner Entwicklung - eine einfache Reproduktion des gesprochenen Wortes, von den Gesetzen des stummen Filmes ausgehend, wäre unkünstlerisch und nicht entwicklungsfähig.

Das wollen wir genau so wenig wie ich bei der Bildsymphonie der Weltstadt, bei dem Berlin-Film, ‘mechanisch photographiert’ hätte. In diesem Film habe ich nur das Bild sprechen lassen, das absolute Bild, abstrakt aus dem Filmischen heraus gesehen und entwickelt. Ich habe bildliche Motive rhytmisch so abgestimmt, dass sie ohne Handlung handelten und sich die Gegensätze von selbst ergaben.

Mein Bemühen ging dahin, eine in sich abgeschlossene Kunstform zu erhalten.

Da wir das Grundsätzliche des stummen Filmes als gelöst betrachten können, wäre die Annahme falsch dass nun in Verbindung mit akustischen Vorgängen die Geburt de Tonfilmes erklärt ist. Dieser Synchronismus von Ton und Bild wäre unhaltbar, und könnte das Gegenteil des Gewollten erreichen: keine Steigerung der Illusion, sondern Schwächung des Eindruckes. Für den Tonfilm existieren weder die Gesetze des stummen Filmes noch die Gesetze der Sprechbühne. Der Tonfilm hat eigene technische und künstlerische Bedingungen, die in ihren Möglichkeiten zum grossen Teil ungeahnt sind. Ich bin augenblicklich mit der Herstellung meines ersten Tonfilmes für die Tri-Ergon beschäftigt. Der Fall dieses tönenden Filmes ist doppelt interessant, da die beiden modernsten technischen Errungenschaften rein äusserlich ineinander übergreifen und zu einem Vergleich reizen.

Mein Film umfasst den deutschen Rundfunk und spielt auf allen Sendestationen, um von dort aus durch die schönsten Gegenden des deutschen Reiches akustisch und bildlich zu führen. Der bildlose Rundfunk und der tonlose Film sind zwei Gegensätze, die gegeneinander ausgespielt im anderen Sinne dem Begriff des Tonfilmes näherkommen.

Die. Möglichkeit der Fruchtbarmachung der Illusion und Phantasie liegt in der konträren Ausspielung von Ton und Bild.

Die eigenen Wege des Tonfilmes liegen gewissermassen in der filmischen Auffassung rein akustischer Vorgänge...Ursache sieht man, Wirkung hört man - ein Beispiel aus meinem Rundfunkfilm: Potsdamer Platz - Mittagzeit - Riesenverkehr, den man bildlich erfasst und sieht. Nun hört man das Stimmengewirr, das johlende, kreischende und schreiende, brüllende - das plötzlich nun wieder optisch auf einen...Löwen überblendet. Hier ist bereits die tonliche Ueberblendung geschaffen. Andere interessante tonfilmische Beobachtungen wird man bei einem Boxkampf anstellen können: Man sieht den Kampf, hört die Schläge - merkt dann plötzlich, wie die Temperamentsausbrüche des Publikums auf den rein bildlichen Boxvorgang weiterleiten.

Zusammenfassend sei gesagt: das Tonfilm problem kann nie eine Steigerung oder Schwächung des stummen Filmes in sich schliessen, auch nie das Problem des stummen Filmes selbst lösen oder ihn ablösen.

Der Tonfilm weist eine neue Richtung und wird den Beweis erbringen.