Konrad Merz
aan
Menno ter Braak

Amsterdam, 28 juni 1935

Amsterdam Oost, Pythagorasstraat 21

Huize ‘Pita’

28.6.35

Sehr geehrter Herr Dr. ter Braak,

Leider hat auch Ihr freundlicher Brief nicht genügt. Denn für die Fremdenpolizei ist wohl der liebe Gott auch nur eine Paßfälschung. Ich vermutete es schon denn die ‘gratia’ ist ihr so fremd wie mir der Geist der Fremdenpolizei.

Nach den Worten des Herrn dort, würde Ihr Brief auch nicht genügen, wenn er von Herrn Colijn persönlich wäre, und wenn man diese Leute hin beobachtet, dann ist es selbstverständlich, daß diese Herren für die Niederlande auch viel bedeutsamer sind, als Colijn und etwa Franz Hals und Rembrandt zusammen.

Man hat - Sie sehen es - Ihr Schreiben korrigiert, und wenn Sie es so einsenden wollten (der mittlere Absatz ist nicht nötig) dann wäre man bereit, mich endgültig ‘for goed’ einzuschreiben.

Es wäre natürlich nur eine Frage der Form. Ich wollte eher untergehen, ehe ich aus Ihrer so freundlichen Bürgschaft einen Anspruch leiten würde.

Dazu wird freilich noch ein Irrsin verlangt: ‘selbst wenn Herr Colijn für Sie bürgte, dann müßte er seine Steuerpapiere 1934-35 miteinsenden’, meint der Herr Fremdenpolizei. Ich bemerkte, er kenne Sie doch. ‘Ich kenne ihn, aber ob ihn mein Chef kennt, das weiß ich nicht’.

Ob das für Colijn auch gilt?

Ich muß nun befürchten, Ihnen lästig zu werden ud weiß nicht, was ich tun soll. Noch bin ich also behördlich nicht anwesend hier, und erst wenn Sie so freundlich sein wollten, diesen widerlichen Anforderungen zu entsprechen, nur dann käme ich endlich zu ruhiger Arbeit (es soll natürlich alles in verschlossenen Umschlägen sein, sodaß ein anderer nicht einblicken kann). Vielleicht können Sie es auch selbst dorthin senden und sich zurücksenden lassen.

Oder wollen Sie vielleicht zum Justizministerium gehen?

Nehmen Sie mir bitte diese Belästigung nicht übel.

Vielleicht darf ich recht bald von Ihnen eine Antwort erhalten und noch einmal: Verzeihung!

Herzlich

Ihr Kurt Lehmann,

der Sie gerne sprechen würde, wenn Sie die Stadt besuchen, die eine so charakter- und tintenfeste Fremdenpolizei besitzt.

Origineel: Den Haag, Literatuurmuseum

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