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Kaiser Otto III.
Ideal und Praxis im frühen Mittelalter

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Dat ik in dit boek van de Duitse taal gebruik gemaakt heb, vindt zijn oorzaak niet in een bijzondere voorkeur, maar, zoals de lezer zal begrijpen, in de aard van het onderwerp; het spreekt wel vanzelf, dat ik hiermee tevens verzoek om philologische en aesthetische clementie.

 

Aan mijn Ouders en ‘Pleegouders’

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Nicht als komplizierte Persönlichkeit, sondern ais Individuum ist ein Mann der Geschichte unbegreiflich, d.h. er teilt diese Unbegreiflichkeit mit allem Wirklichen.
Heinrich Rickert
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Erstes Kapitel
Das Problem und seine Geschichte

Das vorliegende Buch hat nicht die Absicht, die Persönlichkeit Kaiser Ottos III. als eine bedingungslos feststellbare Grösse zu behandeln. Wenn diese Untersuchung dennoch seinen Namen trägt, so hat das einen bestimmten Grund. Es wird nämlich unsere Aufgabe sein, den Zusammenhang zwischen Individuum und Zeit hier genauer zu betrachten als gewöhnlich in den meisten bisherigen Schriften, die das Ende des zehnten Jahrhunderts als Gegenstand wählten, geschehen ist; und dabei wird sich schliesslich herausstellen, dass die Äusserung Lamprechts über den Kaiser: ‘In seiner Person vereinigten sich alle Strömungen dieser Kultur, er ist der Euphorion des zehnten Jahrhunderts’34, allerdings anders gewertet, auch noch die unsrige sein kann. In dieser merkwürdigen Persönlichkeit, deren Wesen in ‘moderner’ Menschlichkeit zu schauen uns versagt bleiben wird wegen der grossen zeitlichen Entfernung und des dürftigen Quellenmaterials, werden wir schliesslich den Knotenpunkt entdecken können, in dem die ‘Strömungen’ der Zeit ‘zusammenkommen’, ohne jedoch einerseits die Persönlichkeit als blosses Symbol der Kollektivität, andererseits die Kollektivität lediglich als Spielzeug der Persönlichkeit zu betrachten. Wir haben also erst festzustellen, was in diesem Jahrhundert individuell, was kollektiv heissen darf; ‘kollektiv’ bedeutet für uns dasjenige, was sich für unseren Blick nicht weiter in individuelle Beziehungen zerlegen lässt, was Eigentum der ‘Zeit’ scheint und sich als Qualität einer ‘Gemeinschaft’ zeigt; dass in dem ‘Ganzen’ und den ‘Teilen’ nur ein relatives, von einer Wertbeziehung abhängiges Verhältnis gegeben ist, sind wir uns dabei fortwährend bewusst. ‘Unsere Werturteile (sind) in letzter Linie immer bestimmt davon, was wir als Hauptresultat der Kulturentwicklung ansehen’, hat Ernst Bernheim

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in seinem Lehrbuch der historischen Methode und der Geschichtsphilosophie mit Recht gesagt35. Die Begriffe ‘Individualität’ und ‘Kollektivität’ sind von dieser Abhängigkeit keineswegs ausgeschlossen, weil wir das Individuum ja nicht ohne seine ‘kollektive’ Vorgeschichte und Wirkungen bestimmen und ebensowenig kollektive Funktionen aus den individuellen absondern können, ohne uns dabei auf Werte zu beziehen. Letzte Absicht des historischen Urteils kann niemals die ‘entwertete’ Objektivität sein; denn jede Geschichtsschreibung sucht, instinktiv oder bewusst wählend, und in den meist verschiedenen Schemata, den Menschen aus der Masse hervorzuheben, die Masse aus den Menschen zu erklären.

Es ist wohl nicht fraglich, dass diese allgemeinen Vorbemerkungen sich mit dem Gegenstande dieser Untersuchung berühren. Denn besonders das Zeitalter Kaiser Ottos III. beweist, wie die Methode der ‘historischen Objektivität’ aus einer verschwommenen Analogie der geschichtlichen und ‘heutigen’ Tatsachen ganz verfehlte Folgerungen ziehen kann. Es handelt sich hier nicht um die Frage, welche Anschauung ‘objektiv’ ist und welche nicht; es handelt sich nur darum, ob man Individualität und Kollektivität als ‘naturwissenschaftliche’ Begriffe betrachtet oder nicht. Die erste Methode vertritt unabsichtlich Giesebrecht, dem wir das jetzt schon traditionelle Porträt Ottos III. verdanken, indem er in der Einleitung zu seiner Geschichte der deutschen Kaiserzeit schreibt: ‘Der Gegenstand dieses Buchs ist ... die geschichtliche Periode, in welcher der Wille, das Wort und das Schwert der dem deutschen Volke entstammten Kaiser die Geschichte des Abendlandes entschieden, in der das deutsche Kaisertum vor Allem der Zeit Anstoss, Richtung und Leitung und dadurch ihr eigentümliches Gepräge vor anderen Zeiträumen gab. ...’36 Nach dieser prinzipiellen Erörterung braucht man nicht mehr zu fragen, wie das Urteil über Otto III. bei Giesebrecht ausgefallen ist! Ein deutscher Kaiser ‘gibt der Zeit Anstoss’: dieses nicht weiter begründete Schema lässt schon für den asketischen Universalismus Ottos III. keinen Raum mehr übrig. Wir werden unten sehen, in welchem Sinne

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Giesebrecht seine Persönlichkeit gedeutet hat; es gehört aber hierher, auf den absoluten Begriffsinhalt, aus dem dieses Porträt Ottos hervorgegangen ist, hinzuweisen. ‘Kaiser’ und ‘Zeit’: diese zwei Begriffe hatten für Giesebrecht wesentlich eine absolute Gültigkeit; deshalb konnte er aus deren Produkt, der ‘Kaiserzeit’, sogar moralische Schlüsse ziehen.

Die Darstellung Giesebrechts, welche nicht ohne die Ideale seiner Epoche denkbar ist, hat sich in der Praxis, soweit sie Otto III. betrifft, gröβtenteils behauptet. Ihre theoretische Basis wird längst nicht mehr anerkannt; trotzdem beeinflusst ihre praktische Wirkung noch manchmal das historische Bild, wie wir unten zeigen werden37. Dagegen fassen wir in dieser Untersuchung die Begriffsbestimmung, ‘Individualität-Kollektivität’ in relativem Sinne auf, weil wir in ihr eine Beziehung auf einen Wert seheh, der man gerade deshalb keine einzige moralische Bedeutung beimessen darf.

‘Individualität’ und ‘Kollektivität’ werden von Giesebrecht und seinen Nachfolgern also an erster Stelle übersetzt mit ‘Kaiser’ und ‘Zeit’; die Ereignisse konvergieren hauptsächlich nach diesem ziemlich willkürlich gewählten Gesichtspunkt. (Man vergleiche z.B. den zentralen Gesichtspunkt Thietmars von Merseburg!) Otto III., der in diesem ‘nationalen’ Sinne gewiss nicht dominiert hat und der für diese Auffassung nichts anderes als ein ‘Produkt seiner Zeit’ sein konnte, war damit schon verurteilt; Pflugk-Harttung durfte ihn später charakterisieren als ‘den Phantasten auf dem Kaiserthrone’. ...38 Im Zusammenhang mit dieser politischen Inferioritätsdiagnose hat Giesebrecht nebenhin eine andere schiefe Vorstellung eingeführt; es ist der Gegensatz von Cäsarismus und Askese. Auch dieser Gegensatz ist wesentlich durch die absolute Begriffsbestimmung Giesebrechts bedingt; er hat hier einen modernen Dualismus, eine nur für die Neuzeit direkt verwendbare Formel auf das zehnte Jahrhundert angewandt, ohne dabei in Frage zu stellen, inwiefern diese Formel sich wirklich mit einem psychologischen Inhalt deckt. So schuf er das romantische Bild Kaiser Ottos III., des sehnsüchtigen Jünglings, schwebend zwischen einem phantastischen Byzantinismus und einer krankhaften Bussfertigkeit,

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schliesslich aller Realität entfremdet. Auch hier ist das Verhältnis von Individuum und Kollektivität missverstanden worden, und man hat folglich Otto zugedichtet, was nicht nur ihm, sondern seiner ganzen Umgebung eigen war. ‘Den’ Cäsar und ‘den’ Asketen (und infolgedessen ihren Zusammenstoss in einer Persönlichkeit) gibt es nicht als absolute Grössen; Cäsarismus und Askese, Formen eines später abstrahierten Konflikts, brauchen keineswegs unter allen Umständen Gegensätze zu sein, weil sie nur moderne psychische Werte zum Ausdruck bringen. Die Motive, welche Giesebrecht zu seiner Unterscheidung geführt haben, kommen später zur Betrachtung; vorläufig genügt der Hinweis auf die prinzipielle Seite seines Irrtums. Wie Bernheim schon dargelegt hat, sind ‘Regnum’ und ‘Sacerdotium’ nicht ohne weiteres identisch mit ‘Staat’ und ‘Kirche’; ebensowenig sind Cäsarismus und Askese, deren Inhalt Giesebrecht a priori als gegeben voraussetzt, die adäquaten Ausdrücke gegensätzlicher mittelalterlichen Anschauungen.

Gewiss sind Giesebrechts Begriffsbestimmungen, vornehmlich in den letzten Jahren, erheblich modifiziert worden, besonders durch die hervorragenden Arbeiten Bernheims39 und seiner Schule; wir möchten in dieser Untersuchung seine Anregungen dankbar benützen, ohne jedoch seiner ganzen Methode beizupflichten40. Vor allem sind es die Wechselwirkungen: Individualität-Kollektivität, und die mit ihr verbundenen begrifflichen Wertungen wie ‘Kaiser’ und ‘Zeit’, ‘Cäsarismus’ und ‘Askese’, welche wir kritisch betrachten werden. Vorher erfordert dies einen summarischen Überblick über die Geschichte des Problems.

 

Das historische Bild des ottonischen Zeitalters, in diesem Fall besonders der Periode Ottos III, ist, wie bereits gesagt wurde, vornehmlich unter dem Einfluss Giesebrechts entstanden, wie es jetzt noch grösstenteils besteht; von grundlegender Bedeutung waren dafür übrigens auch die schon 1840 erschienenen Jahrbücher des deutschen Reiches unter der Herrschaft König und Kaiser Ottos III. von Roger Wilmans41. Eine von Uhlirz vorgenommene neue Bearbeitung wurde schon bei der

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Periode Ottos II. abgebrochen42; Wilmans' an vielen Stellen veraltetes Buch ist bis jetzt noch die einzige annalistische Gesamtdarstellung, auf die wir auch heute noch manchmal zurückgreifen müssen43.

Ist Wilmans schon faktisch häufig nicht mehr brauchbar, so ist Giesebrechts Kaiserzeit vornehmlich wegen der pädagogisch-romantischen Tendenz nicht länger aktuell. Das grosse Verdienst, eine Epoche in einer tragischen und einheitlichen Konzeption anschaulich gemacht zu haben, darf diesem Autor freilich nicht abgesprochen werden, und es sind vielleicht gerade diese sehr persönlichen Elemente, des Standpunktes und des Stiles, welche dem Buche seine Wirkungssphäre gaben und es jetzt wieder dieser Sphäre berauben. Denn für die Figur Ottos III. z.B. konnte Giesebrecht, wegen seiner national-deutschen Gesinnung, nicht die richtige Würdigung finden. Otto bedeutet für ihn das tragische Geschick des deutschen Volkes, die ewige Sehnsucht der deutschen Seele nach fremden Ländern und Sitten, verkörpert in einem unreifen Knaben: eine Tragik, die ihren Abschluss findet in einem ruhmlosen Tode fern von der Heimat. Die Sage von Otto und Stephania hat für Giesebrecht einen tiefen symbolischen Sinn: das deutsche Imperium unter dem italienischen Himmel wird getötet durch das Gift eines römischen Weibes44.

Im Kern ist diese Fassung des Ottoproblems ein Versuch, national-deutsche Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts historisch zu begründen. Die historische Entwicklung wird hier sehr bestimmt beschränkt auf eine Entwicklung zur deutschen Einheit; und im Rahmen dieses Entwicklungsabschnittes bilden die Zeit, die Umgebung und die Persönlichkeit Ottos gewiss keinen Höhepunkt. Gegen diese Fassung ist übrigens sofort anzuführen, dass die Beschränkung auf einen derartigen Entwicklungsabschnitt eine völlig willkürliche Handlung ist; sie ist eine Wertung, und nichts braucht uns davon abzuhalten, die Entwicklung etwas weiter zu führen und Ottos Nachfolger Heinrich II., vom Standpunkte des heutigen Internationalismus aus, als einen erheblichen Rückschritt zu betrachten45. So allerdings darf das historische Urteil nicht begründet werden, denn der Begriff Entwicklung

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wird dann verwechselt mit dem Begriff Fortschritt; und es ist unzulässig, diesen Begriff als historisches Axiom vorauszusetzen.

Dieselbe national-deutsche Urteilsbasis spürt man bei Waitz, der über Otto folgendes schreibt: ‘Sein ganzes Tun hat einen phantastischen Charakter, und blosse Schattenbilder sind es, die er hinzustellen vermag. Er verliert den sicheren Boden unter den Füssen; er entfremdet sich die Deutschen, deren Roheit er geringschätzt, der Gewandtheit und Eleganz der Südländer gegenüber; er vergisst, dass das Reich auf ihnen ruht, dutch ihre Kraft zusammengehalten wird’46. Es ist der Gefühlston des gekränkten Nationalbewusstseins, durch den diese Äusserung inspiriert wurde; ‘blosse Schattenbilder’ sind die universalistisch-asketischen Ideen Ottos, weil er sich ‘die Deutschen entfremdet’, weil er ‘ihre Roheit geringschätzt’, obwohl sie das Reich zusammenhalten. Selbstverständlich hat diese Ansicht einen realen Anhalt in den Zeitverhältnissen, womit wir uns später zu beschäftigen haben; die Gefühlsfärbung aber (und dies ist besonders wichtig) hat damit nichts zu tun und entstammt nur einer parteiischen (d.h. ‘egoïstisch’, nicht bloss egozentrisch wertenden) Gesinnung47.

Was man in den Darstellungen Giesebrechts und Waitz' zu tadeln hat, ist also prinzipieller Art. Die ungünstigen Zeugnisse verschiedener Zeitgenossen über Otto haben sie nicht hinreichend und wesentlich geprüft und sich daher mit dem blossen Dasein der Missbilligung begnügt; und dennoch fangen eben bei dem Grunde dieser Missbilligung die Schwierigkeiten an48. An eine bewusst-nationale Strömung ist in diesen Tagen weder in politischem, noch in ‘kirchlichem’ Sinne zu denken, noch weniger an einen katastrophalen Zusammensturz des ottonischen Regiments durch den plötzlichen Tod Ottos III. Die Ausbildung der nationalen Staaten hat kaum das Stadium der theoretischen Bewusstwerdung erreicht; die herrschenden Ideen sind in dieser Hinsicht noch verworren, überall noch mit dem Gedanken des Weltimperiums und des universalen Sacerdotiums vermischt, falls sie überhaupt vorkommen. Die Verhältnisse ändern sich nicht pötzlich nach

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dem Jahre 100249; erst in der Zeit Heinrichs IV., als die Rivalität zwischen Kaiser und Papst die Form eines erbitterten Kampfes um die Oberherrschaft annimmt, verliert das Imperium allmählich Terrain und damit seine kulturelle Unentbehrlichkeit. Die zeitgenössische Verstimmung gegen Otto III. hat sehr verschiedene Gründe; keinesfalls aber darf sie unmittelbar auf eine Verletzung des Nationalstolzes zurückgeführt werden. Es ist deshalb ein sinnloser Anachronismus, Otto vorzuwerfen, dass er in seinem Brief an Gerbert50 die ‘saxonica rusticitas’ verschmäht; politische, ‘anti-nationale’ Gedanken sind dabei nicht einmal im Spiel und die kulturelle Minderwertigkeit dieser ‘rusticitas’ (wenn sie nicht nur als Stilfigur gemeint ist) wird wohl niemand bezweifeln.

Bezüglich des wertenden Urteils verhalten sich also Giesebrecht und z.B. Bruno von Querfurt, der in seiner Vita quinque fratrum eine scharfe Kritik über Ottos Betragen geliefert hat51, durchaus verschieden. Man muss sich nicht durch die oberflächliche Übereinstimmung irreführen lassen; das bedeutet die ganze Verschiedenheit der Anschauungen verkennen. Giesebrecht und im allgemeinen die ganze ‘objektive’ Schule waren in dieser Hinsicht unkritisch; sie meinten sich mit einer gefühlsmässig-psychologischen Erklärung der Motive begnügen zu können. Bernheim stellt mit Recht dieser Methode seine Kritik der Ideen und der zeitgenössischen Quellen gegenüber52; inwiefern er darin konsequent verfahren ist, muss hier dahingestellt bleiben; aber wenigstens ist sein System der Interpretierung eine äusserst wichtige wissenschaftliche Leistung, durch die Giesebrechts romantische Psychologie auf immer beiseite geschoben worden ist.

‘Es fällt mir nicht ein’, sagt Bernheim, ‘die Persönlichkeiten gewissermassen zu Hampelmännern des Zeitgeistes, des Milieus, der Masse machen zu wollen. Aber das, was sie mit den Anschauungen ihrer Zeit, ihrer Mitwelt gemein haben, soll nicht als etwas rein Persönliches verkannt, sondern in dem Zusammenhange, in dem es steht, erkannt und bewertet werden. Nur so kann man schliesslich einsehen, was dem Individuum überkommen ist, und was es daraus gemacht, was

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es aus dem Eigenen hinzugetan hat’53. In diesem Satz ist das Urteil über Giesebrecht schon gefällt; und wir werden sehen, dass die Willkür seiner Methode gerade aus Otto III. eine poetische Karikatur gemacht hat.

Teils in Beziehung zu diesen methodischen Unzulänglichkeiten, teils unabhängig davon gibt es verschiedene faktische Einzelheiten, welche in der Geschichte der deutschen Kaiserzeit veraltet, jedoch keineswegs aus dem gangbaren historischen Bild gestrichen sind. Die Abschnitte über die ‘Regentschaft’ der Kaiserinnen Theophano und Adelheid, über ‘Ottos phantastische Pläne’ u.a., die Charakteristik Gerberts; die Auffassung von Ottos byzantinischem Zeremoniell in Rom sind durch neuere Detaildarstellungen schon nach allen Seiten revidiert worden54; sie wurden aber noch nicht in einer entscheidend umbildenden Zusammenfassung übersichtlich gemacht. Im Gegenteil: sogar in einer der jüngsten Arbeiten über das Zeitalter der Ottonen und Salier55 findet man die alte Vorstellung kaum verändert; sie ist lebendig geblieben, obschon die Untersuchungen von Kehr56, Bloch57, Halphen58 u.a. sie längst in das Reich der Romantik verwiesen haben. Deshalb soll sie jetzt auch unromantisch, d.h. zeitgemäss und gegründet auf die heutigen wissenschaftlichen Resultate, umgestaltet werden59.

Mit den Ottobiographien aus der Sphäre Giesebrechts brauchen wir uns nicht lange zu beschäftigen. Sie sind grösstenteils völlig abhängig von dem hinreissenden Vorbild, dem sie sehr wenig Wesentliches hinzugefügt haben. In erstaunlich hohem Masse wurden ganze Kapitel fast buchstäblich der Kaiserzeit entnommen. Die allgemeine Tendenz ist nationalistisch und oft didaktisch bis pädagogisch; das Verständnis für die grossen universalistischen Gedanken fehlt meistens und wird niemals Hauptmotiv der Untersuchung. Es gibt wohl kaum eine Zeit, die man so einseitig gesehen und so ausnahmslos als Vorbereitung zu einer ‘neuen’ Zeit betrachtet hat wie die deutsche Kaiserzeit; sie ist gewissermassen die Kinderstube des deutschen Volkes, worin dessen erhabenen Tugenden und bedauernswerten Unvollkommenheiten sich überall in ihrer Urkraft zeigen und, wenn sie sich nicht zeigen,

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als potentiell und schlummernd vorausgesetzt werden. Dadurch musste man an einer anderen Ideenwelt, der katholisch-augustinischen, der mittelalterlich-universalistischen vorübergehen, ohne ihre Bedeutung richtig gewürdigt zu haben; man musste aus den spekulativen ‘Urkräften’ eine Charakterpsychologie aufbauen, über deren Einzelheiten man wegen des völlig abweichenden zentralen Gesichtspunktes der Quellen im Unklaren blieb. Unter solchen Bedingungen wurden diese Biographien des jungen Kaisers geschrieben; wir müssen aber auf eine ausführliche Analyse verzichten, weil, wie schon gesagt, ihre Darstellungsweise durchschnittlich höchst traditionell und populär-parteiisch ist. Sie bemitleiden Otto; sie preisen seine leider in puerilen Spielereien verlorengegangene Veranlagung; sie bedauern die cäsaristischen und asketischen Elemente (Gerbert und Adalbert von Prag), die diese Veranlagung verdorben haben; und selten fehlt ein moralischer Hinweis im Sinne Giesebrechts auf die Vergangenheit oder die Zukunft der deutschen Nation60.

Es ist bezeichnend, dass auch Karl Lamprecht in seiner Deutschen Geschichte61 die Persönlichkeit Ottos III. nicht in ein neues Licht gestellt hat. Aus seiner kollektivistischen Methode lässt sich schon ableiten, dass er Otto als den Spiegel der politischen und geistigen Strömungen erscheinen lässt; dennoch ist seine Vorstellung gefärbt durch seine Fortschrittsidee, für die die ‘Ottonische Renaissance’ eine ‘typische’ Kulturvorstufe bildet wie die vorkarolingische Zeit, ‘wenn auch in qualitativ höherer Erscheinungsform’62. Wie manchmal hat auch hier Lamprechts magischer und genialer Gedanke der Kulturzeitalter der Skepsis einer Detailkritik das Feld zu räumen; denn er führt ihn in diesem Fall zu einem Urteil, das wir als anachronistisch abweisen müssen. Otto ‘ist der einzige Kaiser, der sich seiner Nationalität geschämt hat’63. Dies ist, schon auf Grund des oben angeführten, eine sehr angreifbare Meinung, will man wenigstens dem Begriffe ‘Nationalität’ nicht semen ganzen Gehalt nehmen. ‘Von kosmopolitischer Höhe aus wird man sein Wirken, seinen Charakter begreifen’64. Diese kosmopolitische Höhe aber wünscht Lamprecht offenbar nicht zu erreichen, denn er be-

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hauptet: ‘Das Unglück Ottos war, dass die geistigen Strömungen, deren Gewalt er an sich selbst erfuhr, in ihrem Kerne nicht nationalen, deutschen Charakters waren’. ‘Handelte die Nation mit richtigem Instinkt, als sie den Universalherrscher fallen liess? Man kann geneigt sein die Frage zu bejahen. Nicht vom deutschen, nur vom römischen, italienischen Zentrum her war ein wahrhaftes Universalreich des Mittelalters zu leiten; die Päpste seit Gregor VII., die Kaiser seit Heinrich VI., haben es wohl begriffen. Ein von Deutschland aus beherrschtes Reich konnte nur mitteleuropäisch sein, ein römisches Reich deutscher Nation, bestehend aus Deutschland, Burgund und Italien. Nur ein solches Reich, und ein solches allerdings, lag im deutsch-nationalen Interesse; in der grössten Zeit unsres Kaisertums, von Heinrich II., Konrad II. und Heinrich III., ward es gegründet’65.

Dieser Gedankengang sieht, oberflächlich betrachtet, ganz einfach aus, ist es aber weniger. Denn was sind ‘geistige Strömungen’, die ‘in ihrem Kerne’ nicht ‘deutsch-nationalen Charakters’ waren? Was ist ‘der richtige Instinkt’ einer Nation? Sind die ‘deutsch-nationalen Interessen’ massgebend für das historische Urteil überhaupt? Ist ‘von kosmopolitischer Höhe’ aus gesehen nicht vielmehr das ottonische Zeitalter mit seinem in Otto III. kulminierenden Universalismus ‘die grösste Zeit unseres Kaisertums’?... Diese und dergleichen Fragen lassen sich nicht umgehen. Wenn man sagt, dass erst Gregor VII. und Heinrich VI. eingesehen haben, wie man ein ‘wahrhaftes Universalreich des Mittelalters’ leiten sollte, so ist das ein nichtssagendes Spiel mit den historischen Ergebnissen, ein Spiel auch mit der Unumkehrbarkeit des Geschehens. Das Universalreich Gregors VII. und Heinrichs VI. war nicht das Universalreich Ottos III.; man verkennt die ganze Eigentümlichkeit einer Periode, wenn man sie wesentlich nach späteren Konsequenzen, nicht nach inneren Verhältnissen zu beurteilen versucht. Jede Staatsidee ist eine zeitliche, mehr oder weniger brauchbare Fiktion; sie ist das Produkt einer Vergangenheit und die Bestimmung einer Zukunft, sie entspricht aber, vor allem, dem Bedürfnis einer Gesellschaft, einer Kategorie. Den Maβstab des Bedürfnisses soll man der

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Staatsidee anlegen; denn jeder andre verliert sich ins Spekulative.

Lamprecht, der Maler des ‘typischen’ ottonischen Zeitalters, wollte diese Periode als eine organische Einheit zusammenfassen; jedoch aus den angeführten Urteilen geht hervor, wie wenig diese Einheit sich von den typischen Wertungen seiner Zeit freizumachen vermag. Trotzdem sind die synthetische Wirkung seiner Darstellung und die von ihm ausgelösten Anregungen für die moderne Historiographie von kaum zu überschätzender Bedeutung gewesen. Der ‘Realismus’ Giesebrechts war eine ‘naive’ Übertragung; zwischen Quellenuntersuchung, Tatsachenkritik, Urkundenlehre einerseits und Darstellung, psychologischer Kritik, Synthese anderseits gab es nur die Verbindung des romantischen, national-deutschen Schematismus. Lamprecht hat diesen flachen, unkritischen Zusammenhang preisgegeben; er hat die Selbständigkeit, die Eigenheit der Kulturperioden beobachtet und dieser Beobachtung eine scharf und einseitig ausgeprägte Form verliehen; und die Eigenheit einer Periode erkennen, bedeutet ihren Phänomenen kritisch gegenüberstehen, die Relativität der eigenen Formenwelt jedenfalls praktisch zugeben.

Wie man den kollektivistischen Gedanken ausnützen, freilich auch einseitig ausnützen kann, zeigen die unter Lamprechts Einfluss entstandenen Arbeiten über Geschichte und Kultur des zehnten Jahrhunderts66. Wir werden sie später anzuführen haben, wollen hier also nur ihren allgemeinen Charakter bestimmen. Sie versuchen eine möglichst genaue Typisierung in den Quellen durchzusetzen und sprechen ihnen die Fähigkeit zur individuellen Persönlichkeitserfassung ab. Kleinpaul konstatiert ‘Abwesenheit psychologischer oder auch sonst kausaler Motivierung’67. Aus einem Passus bei Tacitus leitet er, auch für die mittelalterliche Germania, eine ‘Gleichmässigkeit inneren Empfindungs- und Erkenntnislebens’68 ab. Die karolingische Renaissance habe diese Gleichmässigkeit nicht zerstört; ‘kein Wunder also, wenn auch im zehnten Jahrhundert die Deutschen noch, wie zur Zeit des Tacitus, einander ähnlich waren, freilich, indem sich die übereinstimmenden Momente, vom körperlichen Elemente sich

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längst entfernend, vor allem noch in der Übereinstimmung geistigen Lebensinhaltes geltend machten’69. Und Schneider behauptet: ‘Um die Philosophie des frühen Mittelalters zu verstehen, müssen wir alles dreimal übersetzen; die Fassungen der Antike müssen wir in unser Denken übertragen: dann müssen wir sehen, was das Mittelaker aus diesen Antiken gemacht hat; mid das können wir wieder nur, wenn wir von unseren höheren Fähigkeiten im Denken Gebrauch machen, um uns wieder in niedere Formen zurückzuversetzen ...’70.

Hieraus geht die Aufstellung einer Typengalerie hervor, das Verdienst und zugleich die Schwäche der kollektivistischen Methode. Wenn auch die Typeneinteilung (König, Frau, Geistlicher, u.s.w.) und das Schema eines ‘typischen’ Denkens (Unfähigkeit zur Logik, zum Abstrakten, u.s.w.) zweifellos für uns eine gewisse praktische Bequemlichkeit mitbringen, sogar eine übersichtliche Systematik ermöglichen, so soll man doch nicht vergessen, dass weder die Typeneinteilung noch das Schema des Denkens einer psychischen Realität entsprechen. Es bleibt auch jetzt noch unbedingt möglich, in den Quellen des zehnten Jahrhunderts an vielen Stellen die individuellen Absichten aus den kollektiven Typisierungen zu sichten71; gerade über Otto III. liegen einige zeitgenössischen Urteile vor, deren Gehalt keineswegs ein bloss typischer ist72. Niemals wird man dem Verhältnis von Persönlichkeit und Zeit gerecht, wenn man die Typisierung nur als eine Art primitive Beschränktheit, das typische Schema als eine wirkliche Form des frühmittelalterlichen Denkens, die geistige Gebundenheit als ein Analogon der körperlichen Ähnlichkeit betrachtet; in den Begriffen ‘Typus’ und ‘Schema’ ist lediglich unsere Unfähigkeit, vergangene Nuancierungen in den stofflichen Resten aufzusuchen, gegeben. Eine Gleichmässigkeit des stoffllichen Materials, des Ausdrucks also, ist ausserdem noch keine Gleichmässigkeit des Seelenlebens; und diese scheint mindestens eine unwahrscheinliche und unpsychologische Voraussetzung in einer Zeit, die Gerbert und Otto III. geboren hat. ‘Typik’ als methodisches Hilfsmittel ist sicher ein brauchbares Klassifizierungswort, das nur nicht zu unberechtigten psychologischen Folgerungen verführen soll; denn

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die reine Typik Lamprechts gründet einen neuen, ebenfalls absoluten, Gegensatz von Individuum und Kollektivitä, ... wobei nur das Individuum gleich Null ist.

War also bei Giesebrecht das Verhätnis von Individuum und Kollektivität ein völlig willkürliches, so blieb in der Theorie des ‘Typischen’ immer die Möglichkeit zur willkürlichen Rekonstruktion übrig, weil das individuelle Element in den Quellen einfach ausgeschaltet wurde. Der Historiker hatte aus einer Menge typischer Züge mit seinen ‘höheren Fähigkeiten im Denken’ die Persönlichkeit zu konstruieren; und wir haben gesehen, inwiefern Lamprecht mit diesen Fähigkeiten zu ‘objektiven’ Ergebnissen kam! Merkwürdigerweise verschmelzen sich schon für uns, was die Persönlichkeitsschilderung Ottos III. anbelangt, die im übrigen so verschiedenartigen Anschauungen Giesebrechts und Lamprechts mit einander zu einem ‘Typus’: dem Typus des emporstrebenden Deutschlands des neunzehnten Jahrhunderts. Im zweiten Kapitel, wo wir uns mit der augustinischen Staatsidee auseinanderzusetzen haben, werden wir nachweisen, wie Bernheim Elemente des Lamprechtschen Gedankens, ohne dessen Einseitigkeit, wieder aufgenommen und in seinen Mittelalterlichen Zeitanschauungen durchgeführt hat73.

Aus Lamprechts Schule konnte man also schwerlich die Biographie einer wirklichen Persönlichkeit erwarten, weil sie sich durchaus skeptisch dem Individualitätsgehalt der frühmittelalterlichen Quellen gegenüber verhielt74. Statt der Kaiserbiographie mit ihrem bunten Dekor erschien die ‘Zeitbiogrphie’, worin das Individuelle kaum eine Rolle spielte. Trotzdem, der Gedanke des Zusammenhangs einer Epoche war, auch in der Geschichtsschreibung, lebendig geworden; und sogar in dieser schroffen Gestaltung hat er reaktiv sehr fruchtbar gewirkt.

Auffallend ist es gewiss, dass wo die meisten Geschichtsschreiber der deutschen Kaiserzeit die universalistischen Ideen Ottos III. abgelehnt haben, die Gruppe der Kirchenhistoriker diesen Universalismus günstiger beurteilt hat. Diese Eigentümlichkeit ist zweifellos kein Zufall, und deshalb muss sie hier in Betracht gezogen werden. Sie beleuchtet deutlich die

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ganze Verwickeltheit, die ‘heutige’ Bedingtheit des historischen Urteils. So schreibt Hauck in seiner Kirchengeschichte Deutschlands: ‘Es war ein genialer Gedanke, dass Otto, indem er den alten Anspruch ergriff, ihn zugleich umbildete: an die Stelle der unmittelbaren Herrschaft des Kaisers über das christliche Abendland setzte er die Oberherrschaft des Kaisers über die Fürsten des christlichen Europa’75. ‘Denn Otto III. hat den Versuch gemacht, Ottos I. Werk zu vollenden. Hatte jener die kaiserliche Würde erneuert, so unternahm es dieser dem Wort “Kaisertum” seinen alten Gehalt zurückzugeben ...’76. Zwar betrachtet Hauck das ‘retrospektive Element’ in der Ottonenkultur als überwiegend; und er meint. nach der Überzeugung der Welt wäre der Papst, nicht der Kaiser, der Leiter der Kirche gewesen.77 Er würdigt aber die Originalität des Weltherrschaftsgedankens und erkennt seine realen Beziehungen zur politischen Lage des damaligen westlichen Europa an.

Voigt, der Biograph der Märtyrer Adalbert von Prag und Brun von Querfurt, drückt sich noch positiver aus: ‘Man wird ihm (Otto) doch nicht gerecht, wenn man ihn, der schon mit einundzwanzig Jahren starb, nur als Träumer und Phantasten hinstellt. Es hat ihm in seinem kurzen Leben weder an grossen Gedanken noch grossen Taten gefehlt’78. Als Verdienste Ottos führt Voigt seine Reisen durch das Reich, seine Missionspläne und die überlegte Wahl seiner Päpste an; er bestreitet Wilmans' Behauptung hinsichtlich seiner Energielosigkeit; ‘und so liegt überhaupt das Phantastische oft mehr in der Darstellung des spaten Historikers als in Ottos eigener Person’79.

Welchen Grund gibt es für diese grosse Verschiedenheit der Ansichten? Man darf sie nicht in einer Verschiedenheit des bearbeiteten Materials suchen; Hauck und Voigt operieren gewöhnlich mit denselben Tatsachen als z.B. Giesebrecht oder Böhmer, die zu einem entgegengesetzten Resultat kommen80. Vielmehr liegt hier eine tiefe Wertungsverschiedenheit vor, welche in ihrem Ursprung von den Tatsachen unabhängig ist. Der Kirchenhistoriker ist unwillkürlich, man möchte fast sagen instinktiv, mehr zum Universalismus ge-

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neigt als der Verfasser einer Staatengeschichte; deshalb wird er einen Gedanken genial nennen können, der einem Vertreter des politischen Nationalbewusstseins als eine törichte Phantasterei vorkommt. Ganz besonders hier eröffnet sich, wie wenigsagend und verwirrend die Terminologie des historischen Urteils sein kann, wenn sie keine Rücksicht auf ihren wertenden Charakter nimmt und sich fü eine absolute Bestimmung ausgibt. Zweifellos ist Ottos Staatsidee, die beherrschende Idee seiner Umgebung, welche eine Art föderale Union der christlichen Fürsten unter kaiserlicher Oberherrschaft beabsichtigte, nicht bloss ein phantastischer Traum und gewissermassen ein genialer Entwurf; ebenso zweifellos bedeutet sie einen Mangel an politischem Realitätssinn, an geschickter Berechnung und ist also gewissermassen nicht genial. Es ist eben nur die Frage, was man genial nennt. Man halte diese Bemerkung nicht für eine nebensächliche Nichtigkeit, welche mit dem Gegenstand der Untersuchung nichts zu tun hat; es ist ja unmöglich, den Beurteilten vom Urteilenden zu lösen, ohne dabei das Urteil zu verwässern. Hier hat man zwei Richtungen im Urteil zu unterscheiden: die universalistisch-kirchliche und die national-politische. Beide finden Anhaltspunkte in den Quellen und den überlieferten Verhältnissen. aber beide richten sich nach ihrem eigenen Prinzip, nach ihrem eigenen Entwicklungsgedanken. Was ist die Hauptsache: die Bildung der nationalen Staaten oder die christliche Gemeinschaft der Völker, welche immer das Ideal des religiösen Menschen bleiben wird? Die Antwort auf diese Frage bestimmt in letzter Linie die bisherigen Ansichten über die politische und religiöse Tätigkeit Kaiser Ottos III., obschon die meisten Forscher, trotz ihrer möglichst gründlichen Sachkenntnis, sich dessen nicht bewusst gewesen sind. So gibt es über Ottos sonderbare Hinneigung zu Karl dem Grossen, symbolisiert in seinem Besuch an dessen Grab, über seine Missionspolitik, symbolisiert in seinem Zug nach Gnesen, über seine asketischen Bussübungen, symbolisiert in seinem Verhältnis zu den grossen Asketen Adalbert, Romuald und Nilus, die verschiedensten Meinungen, weil diese Meinungen so eng mit Entwicklungsspekulationen verknüpft sind, dass

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man die Abhängigkeit oft kaum mehr als eine richtunggebende gespürt und eine ‘Objektivität’ des Urteils beansprucht hat. Die Ottofigur war manchmal ein Programmpunkt, sogar ein leidenschaftlich, wenn auch in der Form des ‘objektiven’ Urteils umstrittener Programmpunkt; sie war gewissermassen die fleischgewordene Grenze zwischen Weltherrschaft (einer römisch-christlichen Idee) und Nationalherrschaft (einem Gedanken oder einer Notwendigkeit der ‘neuen’ Welt), infolgedessen zwischen den Faktoren, die man als Vergangenheit und Zukunft zu betrachten pflegt. Die Wertung wurde also dadurch beherrscht, wie man sich dem Zusammenhang dieser Vergangenheit und dieser Zukunft gegenüberstellte, inwiefern man die Vergangenheit noch in der Zukunft zurückfinden konnte, die Zukunft als Resultat der Vergangenheit hinnehmen wollte.

Führen wir schliesslich noch eine der besten modernen Darstellungen an, Hartmanns Geschichte Italiens im Mittelalter. Er sieht Otto als das Opfer seiner irrealen Phantasie, die durch Gerbert und Adalbert von Prag verstärkt wurde; ‘von frühester Jugend an musste der Purpurgeborene in den Gedankenkreis gebannt sein, der in ihm selbst seinen Mittelpunkt fand’81. ‘Seine Ideen schwankten zwischen dem Himmelreiche, dem er zustrebte, und dem irdischen Universalreiche, das nicht minder ein Traum war, hin und her, ein getreues Spiegelbild der das Mittelalter kennzeichnenden Gegensätze’82.

Auch hier wird die alte Vorstellung des cäsaristisch-asketischen Charakterzwiespaltes beibehalten, obgleich Hartmann an einer anderen Stelle gesteht: ‘Die “Freiheit” und Sicherheit der Kirche Gottes erschien ihm (Otto), wie seinem Berater Leo von Vercelli, als eine Voraussetzung für das Gedeihen des Imperiums ...’83 Wir glauben, dass dieser Satz ungefähr dasjenige ausdrückt, was wir später ausführlicher nachzuweisen haben; er ist aber schwerlich vereinbar mit dem oben behaupteten ‘Schwanken zwischen Himmelreich und Universalreich’; dieses Schwanken existiert nur in einer modernen, anachronistischen Vorstellung, ist vielleicht als psychologische Abstraktion, aber gewiss nicht als Motivierung poli-

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tischer Handlungen zulässig; denn diese Handlungen sind das Produkt nicht einer zerrissenen Seele, sondern überlegter und ‘zeitgemässer’ Absichten. So bleibt auch bei Hartmann die Analyse dieser Psyche in einem Stadium der Unsicherheit, weil er sich nicht endgültig von den Konjekturen der ‘romantischen’ Psychologie losgesagt hat.

Was ist das Gesamtergebnis der besprochenen Auffassungen, welchen Anhalt geben sie für eine neue Darstellung?

Es war nicht die Absicht in dem vorstehenden Überblick eine vollständige Anthologie aus den modernen Biographien Ottos herzustellen; es musste lediglich darauf hingewiesen werden, welche Momente nach unserer Meinung im allgemeinen nicht berücksichtigt wurden, welche Voraussetzungen dagegen ohne weiteres, und in unerlaubter Weise, das historische Bild bedingten. Wenn wir sie kurz zusammenfassen, sind es praktisch folgende Punkte, die für diese Untersuchung in Betracht kommen werden:

1. Die Weltanschauung der Quellen und ihr Verhältnis zum ‘Staat’ und zur ‘Kirche’.

2. ‘Staat’ und ‘Kirche’, Kaiser und Reich, Universalgedanke und Staatenbildung in ihrem Verhältnis zur Politik Ottos III.

3. Die asketischen Neigungen Ottos III. in ihrem Verhältnis zur Politik und zu seiner Persönlichkeit.

Selbstverständlich soll dabei der leitende Gedanke bleiben, dass man die Begriffe ‘Individuum’ und ‘Kollektivität’ an letzter Stelle als eine Wertung hinzunehmen hat; deshalb soll man Mensch und Zeit nicht am Anfang, sondern am Ende behandeln, weil man erst das ‘Kollektive’, das nicht weiter in persönliche Beziehungen Zerlegbare, aus den persönlichen Äusserungen (den zeitgenössischen Quellen) konstruieren muss, nicht aber umgekehrt, Persönlichkeiten aus einer kollektiven ‘Kulturpersönlichkeit’ ausscheiden kann. Erst nachdem man festgestellt hat, was man als kollektiv bestimmen darf, hat man das Recht, das persönliche Element, seiner positiven oder negativen Bedeutung gemäss, zu würdigen; ‘positiv’ oder ‘negativ’ ist dann mehr als ein schwebender Ausdruck, es ist die Formulierung eines im voraus begrenzten Ver-

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hältnisses. Diese Formulierung hat nicht die Prätension, eine ‘objektive’ zu sein; im Gegenteil, gerade weil man sich ihres wertenden Charakters bewusst ist, wird man sich hüten, eine Persönlichkeit mit ‘objektiven’ (absoluten, moralischen) Werten zu messen.

Es ist wichtig diese Richtungslinie nicht aus dem Auge zu verlieren, weil, wie schon gesagt, das Quellenmaterial für die Geschichte Ottos III. nicht nur dürftig ist, sondern auch durch von den unsrigen gänzlich abweichenden psychologischen Interessen bestimmt wird. Vornehmlich die Bernheimsche Schule hat in mehreren Dissertationen84 den Zusammenhang dieser Interessen geprüft und das Weltanschauungssystem, das ihnen zugrunde liegt, aus seinen geistigen Wurzeln abgeleitet. Erst diese Transposition der Quellen ermöglicht die Benützung der Tatsachen, welche sie mitteilen; denn man kann sich hier nicht, wie Giesebrecht getan hat, mit einer Auswahl der Tatsachen begnügen. Man muss Begriffe begrifflich übersetzen; man muss die Zentralpunkte des frühmittelalterlichen Gedankenganges in einen modernen Denkprozess umschmelzen, das Urteil der Zeitgenossen umwerten. So wird man wenigstens nutzlose Hypothesen und Phantasien vermeiden, wie man sie so oft in der Geschichtsschreibung des neunzehnten Jahrhunderts findet. Moltmann z.B. hat sich in seiner Schrift über Theophano85 mit Vermutungen beschäftigt, weshalb die Kaiserin sich vor dem Jahre 975 so wenig in den Urkunden bemerkbar macht; er denkt dann, obgleich dafür nicht der geringste Beweis existiert, an das ‘rauhe, wechselvolle Klima’ oder sogar an das ‘gemütvolle Familienleben’86. Dass dergleichen Kombinationen nur häusliche Hineininterpretierungen sind, braucht man wohl kaum noch zu sagen; sie sind dennoch bezeichnend für die Naivität dieser ‘objektiv’-psychologischen Übertragungsmethode. Bentzingers Biographie der Kaiserin Adelheid87 versucht eine Charakteristik dieser merkwürdigen Frau vornehmlich auf Grund der Aufzeichnungen Odilos von Cluny88 und schliesst daraus, dass sie ‘eine der hervorragendsten, wenn nicht die bedeutendste Frau in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts’ gewesen ist89. Wir werden das nicht leug-

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nen; die Belege aber, welche Bentzinger heranzieht (die Lobsprüche Odilos), verraten keineswegs, in welchem Sinne wir das Hervorragende in ihrem Charakter zu deuten haben, weil sie durchaus ‘typisch’ sind und deshalb für uns ohne begriffliche Übersetzung, ausserdem ohne Kenntnis ihrer Tätigkeit aus den Interventionen, völlig unbrauchbar.

Aus diesen zwei Beispielen ergibt sich, welche zwei Fehler hier auf der Hand liegen: erstens die phantastische Rekonstruktion aus den Lücken der Quellen, zweitens die Verwendung der Quellen ohne konsequente Kritik der Zeitanschauungen. In beiden Fällen zeigt sich eine Unterschätzung der schwierigen Wege, die zum Ziel führen. Dieses Ziel bleibt ja immer die Transposition psychischer Funktionen der Vergangenheit in die heutigen Gedankenschemata; man soll nur nicht übersenen, dass es eine Transposition ist, dass scheinbare Analogien der überlieferten Tatsachen mit den heutigen nicht immer reale Analogien der psychischen Vorgänge sind.

Man würde die ganze Schwierigkeit dieser Transposition vielleicht am deutlichsten beweisen durch einen Versuch, den ‘Fall’ Otto III. als eine Pathologie zu analysieren. Wir werden uns mit dieser Möglichkeit noch im letzten Kapitel befassen, weil die Relativität des Pathologischen dabei klar hervortritt. Die ungeheuere Machtentfaltung eines fünfzehnjährigen Knaben, seine Position zwischen Diplomaten und Einsiedlern, sein tragischer Tod in Paterno sind aber unbedingt auch in dieser Hinsicht anregende Probleme. Leider ist das Material, das man dem Arzt oder dem Psychiater zur Verfügung stellen kann, so gering, dass man kaum auf positive Ergebnisse hoffen darf; überall wird man das Gebiet des Hypothetischen betreten und besonders hier wird man sich meistens mit einer allgemeinen Beschreibung der frühmittelalterlichen Askese zufriedengeben müssen.

Auf die Schilderung einer greifbaren Persönlichkeit, einer mit modernen Lebensformen ausgestatteten Individualität muss man verzichten, wenn man die Biographie Ottos III. schreiben will. Das heist aber nicht im voraus das persönliche Element auszuschalten, sondern nur den relativen Wert des ‘Persönlichen’ anzuerkennen.

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In den folgenden Kapiteln werden wir die Möglichkeit einer derartigen Persönlichkeitsbestimmung prüfen, im Zusammenhang mit den politischen, den religiösen und den asketischen Ideengruppen.

34Die politischen und geistigen Strömungen des zehnten Jahrhunderts und das Kaisertum Ottos III. (Deutsche Rundschau 1891, S. 87 ff.), S. 92.
35Lehrb. der hist. Meth. u. der Geschichtsphil. (Leipzig 1908), S. 759.
36Geschichte der deutschen Kaiserzeit I5 (Brunswig 1881), S.V.
37Fedor Schneider in Vierteljahrsschrift f. Sozial- und Wirtsch. gesch., XIV, 1918, S. 498: ‘Ist doch gerade für Otto III. mangels Neubearbeitung der Regesta Imperii und Jahrbücher des deutschen Reiches eine Revision von Giesebrechts Darstellung besonders dringend erwünscht!’
38J. von Pflugk-Harttung, Ein Phantast auf dem Kaiserthrone (Nord und Süd XX, 1882). Dazu die Bemerkungen Voigts, Brun von Querfurt (Stuttgart 1907), S. 255 ff.
39Mittelalterliche Zeitanschauungen in ihrem Einfluss auf Politik und Geschichtsschreibung, I (Tübingen 1918), S. 110: ‘Von den heutigen Verhältnissen und den ihnen entsprechenden Begriffen aus schleicht sich unwillkürlich die Vorstellung ein, als ob wir es im Mittelalter mit wesentlich analogen zu tun hätten, während sie doch wesentlich andere sind.’
40Vgl. Anm. II, 31.
41Jahrbücher des deutschen Reiches unter der Herrschaft König und Kaiser Ottos III. (Berlin 1840).
42K. Uhlirz, Jahrbücher des deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III., Bd. I (Leipzig 1902).
43Die älteren Darstellungen, die entweder nur noch anekdotischen Wert haben oder durch Giesebrecht und Wilmans längst beiseite geschoben wurden, lassen wir hier unberücksichtigt. Man findet sie u.a. bei A. Morgenroth, Kaiser Otto in der deutschen Dichtung, (Diss. Breslau 1922, liegt leider nur in Machinenschrift vor), S. 4 ff. Derselbe hat die Sagenbildung um Otto und die epische, lyrische und dramatische Literatur, welche ihn als Gegenstand wählte, untersucht. (Über die Sagenbildung auch Wilmans, l.c., Excurs XII). Die Sagen gruppieren sich um verschiedene Kerne, deren geschichtliche Basis selten mit Sicherheit zu bestimmen ist. Die Motive (mit vielen Varianten) sind folgende: a. Otto, der ein totes Kind in sein Bett legt; b. Otto und seine legendarische Gemahlin Maria von Aragon; c. Otto und das Kurfürstenkollegium; d. das Grab Karls des Grossen; e. Otto und die Frau des Crescentius, sein Tod durch Vergiftung. Die bekannte Kaiserchronik steht schon auf der Grenze von Geschichte und Dichtung (16079 bis 16156). Über die zahlreichen modernen künstlerischen Bearbeitungen des Ottothemas l.c. S. 23 ff. Ihre ästhetische Bedeutung wird von Morgenroth im allgemeinen nicht sehr hoch geschätzt (S. 124).
Wir nennen noch die älteren Schriften:
Nicolai Cisneri, De Othone III Imperatore eiusque instituto consiliorum imperatorum Oratio (Francofurti ad Moenum 1570). ... ‘sic non statuo Othonis III sanctione sex aut septem viris tantum electionem Cesaris commissam, sed temporis progressu in maximis Germaniae dissidiis ad eos adstrictam esse penes quos iam aliquot secula fuit’.
(F.D. Ring), Kayser Otto der Dritte, genannt Mirabilia Mundi (Erlangen 1789); ein satirisches Kuriosum, nebenbei kritischer Versuch. Motto:
 
‘Help Godt mit Gnaden
 
Hie wird ook Seepe Gesaden.’
Das Büchlein ist anonym erschienen und kritisiert u.a. die Sage der Maria von Aragon.
44l.c.s. Vgl. Morgenroth l.c. S. 21. Bei Cisner und Ring findet man die Vergiftung noch als eine historische Tatsache. Wilmans, l.c., Exc. XII, hat schon auf ihren sagenhaften Charakter mit Recht hingewiesen. Thietmar z.B. weiss von einer Vergiftung nichts. (Vgl. auch Vita Bernw., c. 37 und Chron. Ven., S. 34).
45Über das Verhältnis von Otto III. zu Heinrich II. Giesebrecht l.c. II, S. 66, und Voigt l.c. S. 94. Der Wiederherstellung des römischen Reiches stellte Heinrich die Wiederherstellung des fränkischen Reiches gegenüber, aber ‘zu Otto hat er keineswegs in Gegensatz gestanden’ (Voigt). Von einem bewussten theoretischen Gegensatz kann überhaupt schwerlich die Rede sein, weil auch Heinrichs Pläne Italien und Rom in ihre Interessensphäre zogen; nur in den praktischen Mitteln ist ein Unterschied.
46Deutsche Verfassungsgeschichte V (Berlin 1893), S. 109.
47Louis Halphen (La Cour d' Otton III à Rome. Mélanges d' archéologie et d' histoire, XXV, 1905, S. 350) sagt, wenn er über Ottos byzantinisches Zeremoniell spricht: ‘Les gens du nord l' ont relevé, non sans une pointe de mauvaise humeur, vexés au fond de se sentir dédaignés.’ Das gilt gewiss auch für Giesebrecht und Waitz.
48Vgl. unten Kap. III.
49Vgl. G. Schwartz, Die Besetzung der Bistümer Reichsitaliens unter den sächsischen und salischen Kaisern (Leipzig-Berlin 1913), S. 3 ff.
50Ep. 186, DO III 241.
51Vita Quinque Fratrum (SS XV, S. 709 ff.), c. 7.
52l.c. und Politische Begriffe des Mittelalters im Lichte der Anschauungen Augustins (Deutsche Zeitschrift f. Geschichtswissenschaft, VII 1897).
53Mittelalterliche Zeitanschauungen, S. 9. Vgl. aber oben S. 405 f.; auch Bernheims Bestimmungen bleiben schliesslich Beziehungen auf einen bestimmten Wert; ihr Verdienst liegt in dem methodischen Verfahren.
54Vgl. unten Kap. III.
55J. Bühler, Die sächsischen und salischen Kaiser (Leipzig 1924), Vorwort (S. 5): ‘Sie sind nicht tot, die alten deutschen Kaiser, sie schlafen nur, und der Unglücksrabe, der von Zeit zu Zeit auffliegt und seinen Schatten über ihr Volk hinwirft, ruft sie wieder wach in deutscher Brust, in der sie wie in tiefem Bergesschacht schlummerten.’ Und über Otto III. (S. 60): ‘So erfüllte sich schon vor tausend Jahren an dem hochbegabten und hochfliegenden Idealen nachjagenden Kaiser ein echt deutsches Schicksal: fremde Gelehrsamkeit und Bildung liessen ihn die deutsche Heimat verachten, worauf den also Entwurzelten die Fremde höhnend und spottend verschlang. Die Zeitgenossen sahen darin mit Recht eine Strafe Gottes.’ Keiner der Anachronismen Giesebrechts fehlt.
56P. Kehr, Die Urkunden Otto III. (Innsbruck 1890); Zur Geschichte Ottos III. (Hist. Zeitschr. 66, 1891, S. 385 ff).
57H. Bloch, Beiträge zur Geschichte des Bischofs Leo von Vercelli und seiner Zeit (Neues Arch, f. ält. deutsche Geschichtsk. 22, 1897, S. 13 ff.).
58Louis Halphen, l.c., S. 349.
59P.E. Schramm, Kaiser, Basileus und Papst in der Zeit der Ottonen (Hist. Zeitschr. 129, 1924, S. 424 ff.) hat das gleichfalls S. 425, Vorbemerkung, nachdrücklichst betont.
60Ausser den auf Otto bezüglichen Abschnitten in den grösseren Arbeiten von Ebert, Gregorovius, Manitius u.a. sind z.B. folgende Ottobiographien durch diese romantisch-psychologische Methode bedingt:
Th. von Kern, Kaiser Otto III. (Geschichtl. Vorträge und Aufsätze, Freiburg i.B. 1875).
H. Oertel, Otto III., deutscher Kaiser (Wiesbaden 1878). ‘Für die deutsche Jugend und das deutsche Volk(!) gezeichnet.’
A. Mücke, Kaiser Otto II. und Kaiser Otto III. (Halle a.S. 1881).
K. Dondorff, Kaiser Otto III. (Samml. gemeinverst. wissensch. Vorträge XX 1885).
61Deutsche Geschichte II5 (Berlin 1922).
62l.c. in Deutsche Rundschau, S. 91.
63D.G., S. 245.
64D.G., ibid.
65D.G., ibid. Freilich entsprechen diese Zitate durchaus den allgemeinen Anschauungen Lamprechts, wie er sie z.B. in ‘Die Kulturhistorische Methode’ (Berlin 1900) dargelegt hat.
66vgl. H. Schneider, Das kausale Denken in den deutschen Quellen zur Geschichte und Litteratur des 10., 11., und 12. Jahrhunderts (Gotha 1905).
A. Kleinpaul, Das Typische in der Personenschilderung der deutschen Historiker des zehnten Jahrhunderts (Leipzig 1897).
A. Kühne, Das Herrscherideal des Mittelalters und Kaiser Friedrich I. (Leipzig 1898).
H. Böhmer, Willegis von Mainz (Leipzig 1895).
F.M. Kircheisen, Die Geschichte des litterarischen Porträts I (Leipzig 1904).
Dazu R. Teuffel, Individuelle Persönlichkeitsschilderung in den deutschen Geschichtswerken des 10. und 11. Jahrhunderts (Berlin 1914), und L. Zoepf, Das Heiligenleben im. 10. Jahrhundert (Leipzig und Berlin 1908).
67l.c., S. 9.
68l.c., S. 5.
69l.c., ibid.
70l.c., S. 3.
71Zoepf und Teuffel haben das in den oben angeführten Schriften versucht. Zoepf will ‘die Stellung des Hagiographen zum Schema ... bestimmen’ (S. 46); die typischen Ausdrücke sind nach ihm oft individuell modifiziert worden (S. 47); ‘das schematische Gerüst und das Vorbild der Bibel’, von der Vergangenheit übernommen, repräsentieren das Typische (S. 139). Auch Teuffel unterscheidet eine ‘Typik des Lebens’ und eine ‘Typisierung des Schriftstellers’ (S. 3).
72Vita Quinque Fratrum, c. 7; Gesta Episc. Cam. (SS. IV, S. 393 ff.), c. 114. Auch die Briefe Gerberts lassen sich schwerlich dem typischen Schema einreihen.
73Vgl. Bernheim über Lamprecht: Lehrbuch, S. 710, 714 ff.; Mittelalt. Zeitansch., S. 56.
74Böhmer hat das in seiner oben angeführten Willigisbiographie, S. 164, folgendermassen formuliert: ‘Das Zeitalter war der Ausbildung ausgeprägter Individualitäten nicht günstig. Auch ging die Wiedergabe des wirklichen persönlichen Lebens in allen Nuancen seiner konkreten Eigentümlichkeit über das Vermögen und die schriftstellerische Absicht der schreibenden Mönche und Nonnen; sie wollten keine Menschen von Fleisch und Blut schildern, sondern ... Heilige und Tugendmuster, nicht Geschichte schreiben, sondern erbauen.’
75Kirchengeschichte Deutschlands III2 (Leipzig 1896), S. 261. Dagegen Böhmer, l.c., S. 85, Anm. 3: ‘Nicht tiefere politische Ideen, sondern gerade im Gegenteil der völlige Mangel an solchen ist meines Erachtens aus dem Verhalten Ottos zu erschliessen.’
76l.c. S. 266.
77vgl. l.c. S. 232, 341.
78Brun von Querfurt, S. 67.
79l.c., S. 256 (Anm. 324).
80Allerdings irrt sich Hauck in seiner Interpretation der Annales Quedlinburgenses a. 1000 (Böhmer, l.c., S. 85. Anm. 3); seine Ansichten über Ottos Bestrebungen sind davon aber nicht abhängig.
81Geschichte Italiens im Mittelalter IV, 1. Hälfte (Gotha 1915), S.103.
82l.c., S. 133.
83l.c., S. 136. Vgl. auch unten Kap. III, S. 474.
84vd. Anm. II, 85.
85J. Moltmann, Theophano, die Gemahlin Ottos II. in ihrer Bedeutung für die Politik Ottos I. und Ottos II. (Diss. Schwerin 1878).
86l.c., S. 42.
87J. Bentzinger, Das Leben der Kaiserin Adelheid während der Regierung Ottos III. (Diss. Breslau 1883).
88Epitaphium Adalheidae Imperatricis (SS. IV. S. 633 ff.).
89l.c., S. 30.